Mit der die Fronten des II. Weltkrieges schließenden Konferenz von Potsdam wurde die große Verschiebung der Bevölkerung in Mittel- und Osteuropa legalisiert. Auch in ihren Verhältnissen ist es bestürzend, wie viele deutsche und ungarische Einwohner nicht nur einmal ihre seit dem Mittelalter bewohnte Heimat verlassen mussten. Die Tschechoslowakei hat bereits bei ihrer Gründung im Jahre 1918 im Zauber der Fiktion des Nationalstaates die Frage eines slowakisch-ungarischen Bevölkerungsaustausches aufgeworfen, als einer der Sieger im II. Weltkrieg ergab sich nun für den Präsidenten Benes die Gelegenheit, einen von Deutschen und Ungarn befreiten, pragozentrischen Staat der beiden slawischen Völker zu schaffen. Auf die Deutschen wartete „odsun“, die Vertreibung. Die Aussiedlung, beziehungsweise etwas härter formuliert, die „Vertreibung“ begann mit Pogromen und hat auch die Großen in Potsdam vor vollendete Tatsachen gestellt. Damit die Ungarn nicht mit einer ähnlichen Vertreibung rechnen müssen, wurde lediglich von einem NEIN der Großmächte verhindert: auch die Sowjetunion verfolgte eine Taktik, mit der sie ihren zukünftigen Vasallen Ungarn das Land mit einer aus dem ungarischen Oberland kommenden Menschenmenge von einer halben Million nicht überschwemmen wollte und so in eine nicht noch unmöglichere Situation bringen
Der von der tschechoslowakischen Nationalen Sozialistischen Partei – die Lieblingspartei von Benes – vor den Wahlen 1946 herausgegebene Aufruf drückt den seinerzeitigen radikalen Umschwung in geschichtlich unumstößlich aus: „Die tschechoslowakischen nationalen Sozialisten vertrauen keinem Unterschied zwischen guten und schlechten, faschistischen oder antifaschistischen Deutschen oder Ungarn. Die für die Pogrome und Todesmärsche verantwortlichen Organisationen und Personen wurden 1946 von Präsident Benes nachträglich freigesprochen, da sie ihre Taten zum Schutz der Republik begangen hätten.
An die Stelle der vertriebenen Deutschen wurden zur Verslawisierung vorgesehene Ungarn geholt – etwa fünfzigtausend Menschen – damit der entstandene Arbeitskräftemangel zumindest zum Teil gelindert werden konnte und die Slowaken aus den Bergen freier in die von Ungarn bewohnte südslowakische Tiefebene umgesiedelt werden konnten. Damit wurde gleichzeitig Druck auf die ansonsten linke und mehr oder weniger antideutsche ungarische Regierung ausgeübt, die ihre Souveränität verloren hatte - offiziell waren bis zum Friedensvertrag von Paris das Alliierte Kontrollkomitee und Marschall Woroschilow die höchsten Herren in Budapest - , dass mit der Aussiedlung der ungarischen Schwaben Platz geschaffen wird für die aus dem Oberland kommenden Ungarn. Der tschechische Innenminister Nosek gab mit seinem Vertrag über den Austausch der slowakisch-ungarischen Bevölkerung eine Antwort auf die langsame Aussiedlung der Schwaben, indem er die Ungarn in die Tschechei deportierte. (Gleichzeitig war es für den Kardinal Mindszenty eine geschichtliche Schande, dass seine Landsleute nun nach dem jüdischen auch ein „deutsches Ghetto“ geschaffen haben.)
Hier verbindet sich nun das Schicksal der Ungarn mit dem Sudetenland. Die örtlichen tschechischen Nationalisten und besonders die Kommunisten erhoben aber selbst Protest gegen die Deportationen, indem sie auch chauvinistische Art beanstandeten, dass „Inseln mit Ungarn und Zigeunern in hoher Anzahl entstehen, was der Vertschechung in den Grenzgebieten nicht förderlich sei“ und … nur für die Slowaken günstig ist, die sich damit von den Ungarn befreien können. Auf lokaler Ebene fürchtete man sich deshalb vor der Eingliederung der Ungarn, die als fremde Elemente betrachtet wurden und forderten deshalb auch das Verbot der ungarischen Sprache. Die Behandlung war außerordentlich grob. Von Klement Gottwald, dem späteren kommunistischen Diktator, wurde Ende 1946 ein Komitee ins Leben gerufen, dass prüfen sollte, wie die Atomisierung der Ungarn gelöst werden kann und welche Mittel zu deren „Verstreung“ notwendig werden. Der Botschafter Ungarns in Moskau, der bekannte Geschichtswissenschaftler Szekfű Gyula beschwerte sich sogar, dass die tschechischen Bauern die Deportierten wie Sklaven behandelten. (Übrigens haben auf den Feldern des Großonkels des Präsidenten Havel ebenfalls Ungarn gearbeitet).
Die Struktur der anstelle der vertriebenen und deportieren Sudentendeutschen und fast auf alle tschechischen Kreise verstreuten Ungarn hat sich trotz der unterschiedlichen Leidenswege bei der Rückkehr bis zum heutigen Tage erhalten. Es kann nicht als zufällig betrachtet werden, wenn jüngst der tschechische Ministerpräsident Jiri Paroubek im Zusammenhang mit der Öffnung nach Deutschland auch die Deportierung der Ungarn verurteilt hat.
Aus dem geplanten Film sollte hervorgehen, dass die Geschichtsschreibung endlich eine reale Bilanz zwischen Siegern und Besiegten über die Schmerzen des Verlustes der Heimat und die Notwendigkeit und Der Bedarf an der Pflege der mit der Heimat verbundenen Andenken und kultischen Orte zieht. Der im Mai 1945 gegen die Deutschen und Ungarn angezettelte Krieg ohne Kriegserklärung gegen die Zivilbevölkerung war zutiefst ungerecht und langfristig dumm. (Nur ein Beispiel: die Tschechen wurden mit der Zigeunerfrage konfrontiert, und die mit ungarischen „Seelen“ gekauften Slowaken befreiten sich beim ersten geeigneten Augenblick von dem gemeinsamen Staat.)
Als wichtige Orte sehe ich die Umgebung von Sumperk und Sternberk, sowie das schwäbische Dorf Vókány in Südungarn an. (In letzteren Ort wurden Familien aus der Gegend von Bratislava aus Eberhard und Szeli umgesiedelt, so dass über sie die Vertreter der in Deutschland, der Tschechei und zu Hause verbliebenen Familien verbunden werden können.)
Für die Deportierung in die Tschechei kann befragt werden: Geschichtswissenschaftlerin Helena Nosková
Zu den slowakisch-ungarischen Fragen: Ladisláv Kovác, Geschichtswissenschaftler und Journalist.